Hass aus 3.000 Kilometern

Foto: Ahmet Demiroğlu/Unsplash

Civan Akbulut hat Angst um sein Leben. Der kurdischstämmige Politiker aus Essen erhält Morddrohungen über das Internet. Er ist bei Weitem nicht der Einzige. Im Verdacht stehen die rechtsextremen „Grauen Wölfe“. taz-Recherchen führen in die Türkei.

Es ist ein kühler Freitagabend im August, als Civan Akbulut zum ersten Mal auch in der analogen Welt bedroht wird. Akbulut, 21 Jahre alt, fährt in einem Skoda des Deutschen Roten Kreuzes durch Essen. Er macht dort ein Freiwilliges Soziales Jahr. Die letzten Stunden hat er Blutkonserven von Labor zu Labor transportiert. Nun ist seine Schicht zu Ende, Akbulut ist auf dem Weg zurück in die Zentrale.

Vor einer roten Ampel kommt er zum Stehen, neben ihm hält ein weißer Sportwagen. Der Mann am Steuer schaut ihn direkt an. Akbulut lässt das Fenster herunter, fragt, ob er ihm helfen könne. Der Mann nennt ihn einen Hurensohn, einen Wichser und sagt: „Ich habe dich erkannt.“ Die Ampel schaltet auf Grün, Akbulut fährt los, der Sportwagen folgt. Immer wieder versucht der Unbekannte, Akbulut abzudrängen, zum Halten zu zwingen.

Erst als er in die Einfahrt der DRK-Zentrale einbiegt und der Sportwagen weiterfährt, fühlt er sich in Sicherheit. So erzählt es Akbulut Anfang Oktober im Vereinsheim des Demokratischen Gesellschaftszentrums der Kurden in Essen. Akbulut weiß nicht, wer der Mann war oder was er wollte. Er weiß zu diesem Zeitpunkt auch nicht, wer ihm immer wieder Morddrohungen auf Instagram schickt: Bilder von Pistolen, Maschinengewehren und Leichen.

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Veröffentlicht als Titelgeschichte in der taz.am wochenende vom 15./16.01.2022, unterstützt durch ein Stipendium vom NewsSpectrum Fellowship Programm.

Co-Autoren: Volkan Ağar, Ali Çelikkan